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„Landschaftspflege-Aktionstag“ in Heidelberg

25. Oktober 2023

Am 17.10. 2023 fand ein „Landschaftspflege-Aktionstag“ auf dem Dormenackerhof in Heidelberg statt. Neben den Kollegen aus der Landschaftsplanung waren auch Mitarbeiter anderer Planungsbüros und der Stadt Heidelberg eingeladen. Für Dr. Thomas Trabold (bhm Bruchsal) war diese Veranstaltung ein “Heimspiel“, da er am Veranstaltungsort Maschinen, Geräte und Flächen des von ihm mitgegründeten Vereins „Heidelberger Biotopschutz“ zur Präsentation nutzen konnte.

Abb. 1: „Landschaftspflege-Aktionstag“ mit Dr. Thomas Trabold in Heidelberg

Zur Einführung gab es einen Vortrag zur Geschichte der Landwirtschaft im Allgemeinen und zur agrarhistorischen sowie baulichen Entwicklung der Stadt Heidelberg im Besonderen. Die Entwicklung der Flächennutzung von der Dreifelderwirtschaft mit Flurzwang des Mittelalters, über die Einführung von Hackfrüchten und Sonderkulturen in der historisch strukturreichsten Kulturlandschaft (von 1815 bis 1960), bis hin zu der monotonen globalen Großflächenlandwirtschaft wurde beleuchtet – für manche Teilnehmer war es dabei völlig neu, dass viele landwirtschaftliche Betriebe noch um 1950 in stattlichen „Stadthäusern“ mit Jugendstilfassade zu Hause waren. Was wurde früher angebaut? Mit welcher Technik wurde gemäht? Was für Einflüsse hatte das auf das Artenspektrum?

Nach diesem Auftakt startete die Gruppe zu einem Rundgang zwischen den Steinbrüchen, Weinbergen, Wiesen und Wäldern um das Weingut Clauer herum. In fünf sogenannten „Exkursionsbildern“ wurden Maschinen und Geräte zur Landschaftspflege vorgestellt, und die Verfahren wurden an diesen Stationen vergleichend bewertet:

Station 1 – Mähwerke Dieses „Kernthema“ des Tages wurde am Nachmittag in einem Vortrag vertieft, und wurde hier beispielhaft für „rotierende Mähtechnik“ an einem Scheibenmähwerk am CARRARO-Wendsitzschlepper und für „oszillierende Mähtechnik“ an einem Doppelmessermähwerk am UNIMOG erläutert. Dabei wurden auch Fragen wie Arbeitsbreite und Schnitthöhe (Abb. 2) kontrovers diskutiert.

Abb.2: Doppelmesser-Frontmähwerk mit erhöhten Laufsohlen

Station 2 – Mulchgeräte

Zum Thema passend, war die Station „Mulchen“ an der Tafel „Dauerbegrünung“ am Erlebniswanderweg Wein und Kultur ( http://weinwanderweg-rohrbach.de/dauerbegruenung-gruene-weinberge-und-bluehende-landschaften/ ) aufgebaut, denn „Mulchen“ in Bezug auf Mähen, Zerkleinern und Liegenlassen des Aufwuchses ist eigentlich eine „Erfindung“ aus dem Obst- und Weinbau, die vor 50-60 Jahren mit der „Dauerbegrünung“ in die Weinberge kam, und das „Hacken“ (und damit den offenen Boden) dort verdrängte. Das heute Straßenränder und Wiesen im Zuge von Pflegemaßnahmen mit Mulchgeräten bearbeitet werden ist „eine neue Krankheit“ (so Dr. Trabold), „die sich erst vor 40 Jahren zu einer Seuche entwickelte“. Neben Schlegel- und Sichelmulchgeräten an ein- und zweiachsigen Trägerfahrzeugen wurde auch ein kleines Forstmulchgerät im Frontanbau an einem FENDT 210 P gezeigt.

Station 3 – Laichgewässer; Amphibienschutz auf neuen Wegen

Schlepper mit Frontlader und Anhänger mit Ladekran und Dunggreifer – das waren neben Hacken und Schaufeln jahrelang die „Waffen“ des Heidelberger Biotopschutz im (erfolgreichen) Kampf gegen Verlandung und Austrocknung von Laichgewässern – doch seit 2019 sind diese „zunehmend stumpf“; die trockenen Sommer verlangen nach neuen Lösungen. Als eine erfolgversprechende Lösung werden seit einigen Jahren „Metallteiche“ eingesetzt – eine solche Wanne wurde als Ergänzung der bewährten Verfahren präsentiert (Abb. 3).

Abb.3: Edelstahlteich auf Krananhänger mit Dunggreifer

Station 4 – Schwaden Neben dem Mähen sollte auch dem Arbeitsschritt des Schwadens zunehmende Aufmerksamkeit bezüglich Artenschutz und Landschaftspflege zukommen: Faunaschonendes Mähen ist sinnlos, wenn nachfolgende Arbeitsschritte das vernichten, was beim Mähen geschont wurde! Beispielhaft wurden Aufbau und Funktionsweise eines Kreiselschwaders am Schlepper und eines Bandrechens am UNIMOG betrachtet.

Station 5 – Laden und Abfahren

Auch diesen Verfahrensschritten wurde bezüglich Artenschutz in den letzten Jahren zu wenig Beachtung geschenkt! Hier gilt ebenfalls, es bleibt „sinnlos“, wenn beim Mähen „aufgepasst“ wird, und im letzten Arbeitsschritt dann alles „kaputtgemacht“ wird! Drei in der Landschaftspflege übliche Verfahren konnten in Theorie und Praxis verglichen werden: Schlepper mit Frontlader und Anhänger, UNIMOG mit Ladewagen (Abb. 4), und Schlepper mit Rundballenpresse. Nicht nur das Verfahren, insbesondere die Bauart der Geräte ist entscheidend: Am Beispiel des (kleinen) Ladewagens wurde erläutert, dass schon kleine Details große Auswirkungen haben können: In der Ladeschwinge des gezeigten Wagens sind keine Messer, die das Gut zerkleinern, somit bleibt Insekten, Reptilien und Amphibien eine Überlebenschance. Jochen Bresch merkte an dieser Station an, dass in der Ortenau dem Laubfrosch sogar per „Ladewagentaxi“ schon die Besiedlung neuer Lebensräume gelang.

Abb. 4: UNIMOG mit hangtauglichem Ladewagen

Nach den ersten fünf Stationen mussten sich die Teilnehmer erst einmal am Mittagstisch stärken und das Gesehene „verdauen“. Das Kernthema der Veranstaltung, die Auswirkungen der verschiedenen Geräte und Verfahren auf ausgewählte Artengruppen, wurde im ersten Vortrag des Nachmittags vertieft. Ergebnisse und Erkenntnisse aus 30 Jahren internationaler Forschung wurden zusammengefasst und diskutiert. Nach dem zweiten Nachmittagsvortrag, der die unterschiedlichen Welten und Terminologien der „Grünflächenpfleger“ und „Landschaftspfleger“ zum Inhalt, und deren besseres Verständnis füreinander und miteinander zum Ziel hatte. Nach diesen trockenen Wortklaubereien und DIN-Normen war es höchste Zeit, die letzten beiden Stationen der „Exkursionsbilder“ zu besuchen:

Station 6 – Steilhang

Mit einem Freischneider am Steilhang mähen? Völlig falsch! Nicht nur der Artenschutz, auch der Anwenderschutz und die Arbeitssicherheit sprechen dagegen! Nach einer Einführung zu den unterschiedlichen Antriebsvarianten und Lenkhilfen bei Einachsern sowie zu den verschiedenen Mähbalken-Bauarten, beeindruckte ein Rapid-Einachser mit Fingermähbalken, wie sicher, sauber und mühelos Steilhänge bis 110 % Steigung gemäht werden können. In Ergänzung präsentierte Steffen Debatin (bhm Bruchsal) modernste Technik: Ein Rapid Einachser VAREA mit Doppelmesser-Mähwerk und Heuschieber „Multi-Twister“ (Abb. 5). Mit diesem Anbaugerät kann das Mähgut sowohl geschoben als auch (in beide Richtungen) geschwadet werden.

Abb. 5: Heuschieber Rapid Twister im Einsatz

Station 7 – Böschung

Warum muss man auf jeder Fläche gehen oder fahren können? Dort, wo man weder gehen noch stehen kann, und dort, wo man Fahrspuren vermeiden möchte, da ist ein Ausleger am Schlepper die richtige Wahl! Dr. Wolfgang Piepenbrock vom Verein Heidelberger Biotopschutz präsentierte am FENDT 211 einen Ausleger im Heckanbau. Leider werden 90 % der „Mähausleger“ in der Landschaftspflege mit Schlegelmulchern genutzt – das muss nicht sein! Doppelmessermähwerke, Mähkörbe, Grobschnittmähbalken, Heckenschneider und Astscheren sind die bessere Wahl aus der Sicht des Artenschutzes. Gezeigt wurde eine Astschere, die aber genauso gut Brombeeren oder Pfeifengras wie dreijährige Robinien-Stockausschläge mähte!

Nach dieser letzten Station wurde es tageszeitbedingt schattig und kalt… genau die richtige Zeit, um sich bei Lasagne und Spätburgunder in der Gaudeamusstube https://www.gaudeamusstube.de/ im Weingut CLAUER aufzuwärmen und im Vortrag „QLA – Biotopvernetzung von drei Steinbrüchen“ einen Teil der „erwanderten Vernetzungslinien“ revue passieren zu lassen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass diese lehrreiche Weiterbildungsveranstaltung auch unterhaltsam und kurzweilig war, und Theorie und Praxis ebenso wie Historie und Gegenwart im richtigen Mix präsentierte.